Über 386 000 Besucher aus 181 Ländern erlebten in Mailand (I) die neuen Produkte von 2418 Ausstellern. Darunter befanden sich auch wieder 550 Jungdesigner bis 35 Jahre, die mit dem Salone Satellite eine eigene Plattform für ihre Kreationen hatten. Bereits zum zehnten Mal wurden in diesem Rahmen zudem die herausragendsten Produkte von einer international zusammengesetzten Jury prämiert.
Mit 34 Prozent ausländischen Unternehmen zeigte sich die diesjährige Möbelmesse sehr international. Wie immer war der Salone del Mobile, der sich auf 205 000 m2 Ausstellungsfläche ausbreitete, in drei Stilkategorien unterteilt: «Classic» mit Werten aus Tradition und Handwerk, «Xlux» mit zeitlosem Luxus und die grösste Kategorie «Design», die den Zeitgeist modernen Wohnens widerspiegeln soll.
Euroluce und Fuorisalone
Die zeitgleich in weiteren vier Hallen durchgeführte Beleuchtungsmesse Euroluce bot viele Neuheiten mit künstlichem Licht (siehe SchreinerZeitung Nummer 17). Wer mit alldem noch nicht genug hatte, konnte den Fuorisalone besuchen. Dieser umfasste 23 Präsentationen in Ausstellungsräumen, die über die ganze Stadt verteilt waren und in denen zu bestimmten Zeiten Events durchgeführt wurden.
Vorsichtige Fachwelt
Wer sich mit Möbeln beschäftigt und das Marktangebot der vergangenen Jahre vergleicht, stellt schnell fest, dass Veränderungen nur sehr langsam stattfinden und manches in der Branche starr und fixiert erscheint. Was kann also auch eine derart grosse Möbelmesse Neues zeigen?
Sie spiegelt das wider, was die Fachwelt der Einkäufer als gute und verkaufssichere Produkte für ihre Kunden – also die Endverbraucher – ansieht. Und sie spiegelt das wider, was in den Entwicklungsabteilungen der Hersteller unternommen wird, um Möbel hervorzubringen, die dem Trend folgend dennoch Alleinstellungsmerkmale aufweisen. Mutige Alleingänge zu völlig neuen Ufern in der Wohnwelt sind da eher selten. Wenn doch, geht es in erster Linie um Verblüffungseffekte. Die gezeigten Modelle der meisten Hersteller sind solide Entwürfe, die sich auf Bekanntem abstützen.
Der Besucher erhält den Eindruck, dass Eiche und Nussbaum die einzigen Hölzer sind, die es auf dieser Welt gibt. Immerhin bei den Sitzmöbeln tauchen auch noch helle Holzarten auf, die nicht auf einen dunklen Ton gebeizt werden.
Gleiche Entwicklungsrichtung
Die vorsichtigen und eher langsamen Entwicklungsschritte formen in ihrer Gesamtheit dafür eine Wohnwelt, die für viele Menschen in der heutigen Zeit stimmig zu sein scheint. Die Trends lassen sich viel eindeutiger ablesen, als das noch vor einigen Jahren möglich gewesen wäre.
Viele Sitzmöbel haben, wenn sie aus Holz sind, runde Querschnitte bei den Beinen und diese sind zudem eher gleichförmig zylindrisch. Komfort ist sehr wichtig geworden und so haben auch Stühle eher weich gepolsterte Schalen, die zudem den Rücken leicht umfassen und ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln. Gerade die gepolsterten Modelle wirken optisch eher etwas behäbig, im Gegensatz zu den reinen Holzstühlen, die viel dynamischer daherkommen. Tische wurden hingegen gerne mit dynamisch geformten Untergestellen gezeigt. Bei den Blattformen herrscht wieder sehr viel mehr Vielfalt, selbst mit Auszugsystemen.
Kuschelzonen
Bänke am Esstisch haben sich ja schon seit geraumer Zeit immer mehr zu funktionalen Sofas entwickelt. So ist beispielsweise das neue Modell von Voglauer dick gepolstert und zeigt wie die Stühle ein Sichtgestell aus Holmen mit runden Querschnitten. Sichtgestelle aus Holz sind etwas, das auch bei Sofas oft präsentiert wurde und eine lässige Gemütlichkeit der tiefen weichen Sitze noch unterstreicht. Eingesetzt wurden gerne gröbere Stoffe in beige-grauen Tönen oder mit stark in der Leuchtkraft gedämpften Farben. Hohe Rückenlehnen mit zum Teil übertrieben vorstehenden Seitenteilen, wie aus der Modelllinie Scuele von Blifase, bilden umschliessende Sitznischen.
Dieses Thema spielt auch bei den Betten eine grosse Rolle. Gezeigt wurden schön geformte Kopfteile zum bequemen Anlehnen. Auch hier gab es etliche Anbieter, welche die Rückenpolster wie bei Ohrensesseln etwas noch vorne verlängert hatten.
Funktional, dezent und edel
Möbel, auf denen man nicht sitzt oder liegt, werden formal immer etwas feiner und dezenter. Schränke passen sich mit ihren Fronten dem Raum an und zeigen allenfalls beim Öffnen ein überraschendes Innenleben. Auch wurden Glasschränke für Ankleideräume gezeigt. Kleinere Korpusmöbel, wie Regale und Sideboards, spielten auf dezente Weise mit feinen sichtbaren baulichen Strukturen und der gezielten Gestaltung der Aussenflächen. Gerade bei Regalen zeigten jene mit klar strukturierten Rastern sehr dekorative Wirkungen.
Das gekonnte Zusammenspielen von furnierten Flächen mit Massivholz sowie mit anderen Materialien kam stark zum Tragen. Dabei wurde auf auffallende Kontraste und Formen verzichtet. Schlichte kubische Formen, mit allenfalls ein paar wenigen gezielt platzierten Rundungen, verhalfen zu schlichter Eleganz, die es nicht nötig hat aufzufallen. Überhaupt zielten viele Neuentwicklungen darauf hin, formal verstanden zu werden sowie Geborgenheit und Ruhe zu vermitteln.
Trends auf den Punkt gebracht
Will man die Trends kurz zusammenfassen, so gilt: Alles, was eine Person tragen soll, muss bequem und sicherheitsvermittelnd sein – je privater desto kuscheliger. Je funktionaler ein Möbel ist, desto diskreter, feiner und kubischer kommt es daher.
Die nächste Ausgabe des Salone del Mobile findet vom 21. bis 26. April 2020 in Mailand statt. Man darf darauf gespannt sein, ob der bisherige Trend noch weiter geführt wird oder es wieder zu mutigen, freien Entwicklungen kommt.