Man stelle sich vor: Jemand findet in seinem Garten ein Schatzkästchen und birgt es behutsam. So ungefähr transportiert Fabian Duber das Futteral, das sein massgeschneidertes Standardgewehr enthält. Das Gewehr ist für ihn so wertvoll wie Gold. «Es gibt dieses Sportgerät auch aus Aluminium oder Karbon, doch Spitzenschützen schiessen meistens mit Holz. Entweder aus massivem Nussbaum oder wie bei mir aus verleimter Buche», sagt er. Und dann schwärmt er, wie perfekt diese Hölzer den Rückschlag dämpfen und abfedern. Nicht umsonst heisst es unter Schützen: «Der Lauf schiesst, der Schaft trifft.» Wenn Duber also zu seinem Gewehr greift, so tut er das mit beiden Händen und mit bedächtigem Blick, denn in diesem Stück vereinen sich seine zwei Leidenschaften. Zum einen die Liebe zum Holz, zum anderen die Passion für die Präzisionssportart Schiessen. Doch der Reihe nach. Aufgewachsen in Oberhasli, einer Gemeinde im Kanton Zürich, lernt er um die Jahrtausendwende Möbelschreiner in der Schreinerei Derrer AG in Dielsdorf ZH, einem Familienbetrieb. Bis heute ist er seinem Ausbildungsbetrieb treu geblieben. Offensichtlich hat der 39-Jährige als Jugendlicher mit der Wahl seines Lehrbetriebs voll ins Schwarze getroffen. Und so ist es auch beim Schiessen. «Schützen sind den Schreinern im Grunde sehr ähnlich. Sie denken zu Ende. Schnellschüsse führen am Ziel vorbei», sagt er.
Als Schreiner ist Duber im Sportschützenverein Salen Niederhasli, wo er bis zu zweimal pro Woche trainiert, ein gefragter Mann. «Ich repariere alles, nur die Lieferfrist ist extrem lange. Schliesslich suche ich hier ja gerade den Ausgleich zu meinem Beruf», erklärt er.
2018 am Kantonalen Schützenfest in Zürich belegte sein Verein den ersten Platz. «Als einer von 22 Schützen holte ich den goldenen Siegerkranz», erzählt er. Im Verein fungiert Duber als 1. Schützenmeister. In dieser Funktion ist er unter anderem für die korrekte Durchführung der obligatorischen Schiessübungen verantwortlich. Während des Schiessbetriebs sperrt er den nahen Fussweg und hisst als Warnsignal den weitherum sichtbaren Windsack. Ausserdem wirft er einen aufmerksamen Blick auf das Treiben im Stand und sorgt für die Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen. «Dabei erlebe ich die Schützen im Allgemeinen sehr diszipliniert», sagt er. Um Schützenmeister zu werden, braucht es eine spezielle Ausbildung. Für den Schiessbetrieb sind dessen Pflichten in einer Art Checkliste definiert, herausgegeben vom Departement für Verteidigung.
Das Schiess-Gen hat Duber von seinem Vater geerbt, der selbst aktiver Schütze war. Und so radelte der Bub bereits im Alter von zehn Jahren mit seinem eigenen Luftgewehr im Rucksack ins Training. «Schiessen hat nichts mit Zufall zu tun. Kondition, Automatismen, ruhig Blut zu bewahren und Treffsicherheit kann man trainieren», sagt er. Diese Eigenschaften seien auch ausserhalb des Schiessstands von Vorteil. Der Sportschützenverein Salen zählt 25 Aktivmitglieder unterschiedlichsten Alters. «Unser ältestes Mitglied bringt mit 85 Jahren noch volle Leistung», erzählt Duber. Doch diese langjährige Treffsicherheit kommt nicht von selbst. Das Schiessen verlangt Kondition, an der es zu arbeiten gilt.
Duber beispielsweise geht regelmässig ins Fitnessstudio oder ist mit dem Fahrrad in den Wäldern der Region unterwegs. Er berichtet: «Das Bild vom Schützen, der lässig einen Stumpen pafft und vor dem Schuss noch ein Bierchen als Zielwasser trinkt, gehört definitiv ins Reich der Märchen und Legenden.»
«Schützen sind den Schreinern sehr ähnlich. Sie denken zu Ende. Schnellschüsse führen am Ziel vorbei.»