Jeweils am Sonntag vor dem 6. Dezember wird in Mauensee LU die vorweihnachtliche Zeit eingeläutet. «Für uns ist das der Auftakt zum viertägigen Chläuseln», sagt Urs Fellmann von der Samichlausgesellschaft Mauensee. Zuerst sind die Geiselchlepfer an der Reihe. Schnell saust die dicke Kordel durch die Luft und folgt der Bewegung des Geiselchlepfers. Dieser gibt ihr im richtigen Moment einen Zwick, sodass es laut durch den schwarzen Nachthimmel knallt. Danach kommen die Trichler an die Reihe. Diese marschieren im Takt des Gebimmels ihrer grossen schwarzen Glocken durchs Dorf. «Der Ton der Glocken ist so tief, dass man die dumpfe Schwingung, die sie erzeugen, in der Magengrube spüren kann.» Den Schluss machen die Kinder mit ihren selbst gebastelten Laternchen. Sie holen die Samichlausbrigade im Wald ab. Diese besteht aus dem St. Nikolaus, dem Schmutzli, dem Huttliträger, also dem sogenannten Knecht Ruprecht, und dem obligaten Esel. Fellmann schlüpft seit über 20 Jahren in die Rolle des Samichlaus. Damals, als die Chlausgesellschaft wegen zu wenig Personal fast aufgeben musste, hat er sich für deren Fortbestehen eingesetzt. Mit Erfolg. Die Chlausgesellschaft stösst bei den Dorfbewohnern noch immer auf grosse Resonanz. «Ich mag die Rolle des bärtigen, alten Mannes. Es ist schön mitzuerleben, wie die Kinder heranwachsen und selber Kinder kriegen, die ich als Samichlaus begrüssen kann.» Der Schreiner erfährt in seiner Rolle viel Wertschätzung. «Der Samichlaus wird geachtet und spielt stets den lieben, alten Mann. Dennoch will nicht jeder in unserem Verein diese Rolle übernehmen. Sie ist anspruchsvoll, weil Kinder sehr spontan sind und man nichts einstudieren kann.» Fellmann übernimmt auch mal eine andere Rolle. Den Schmutzli mag er nicht sonderlich. «Für mich ist das ein undankbarer Job. Er ist der schwarze Bösewicht und wird manchmal vor die Tür gestellt, weil die Kinder zu weinen beginnen, wenn sie ihn sehen.» Ausserdem brauche es viel Zeit und Geduld beim Abschminken. Speziell an der Samichlaustradition in Mauensee ist, dass jeder Haushalt im Dorf besucht wird. Deshalb dauert das Chläuslen auch vier Tage lang. «Der Samichlaus beschleunigt die Integration der Neuzuzüger. Beim Chlauseinzug lernen sie die Dorfbewohner kennen», sagt der Schreiner. «Auf unseren Touren erleben wir viel Lustiges.» Etwa wenn der Huttliträger über die Türschwelle strauchelt und sich der ganze Inhalt seines Korbes im Eingang entleert, wenn er mit seinem Kratten den Vogelkäfig rammt oder sonst ein Unglück geschieht. «Die Leute nehmen es mit Humor und verzeihen uns vieles.»
Folgt man den Erzählungen des 51-Jährigen, erhält man den Eindruck, dass der Samichlaus fast schon zu seiner zweiten Identität geworden ist. Und wenn man in seine blauen Augen schaut, dann erkennt man mit ein bisschen Fantasie den ehrwürdigen, lieben Mann im roten Gewand.
«Beim Chlauseinzug lernen die Neuzuzüger die Dorfbewohner kennen.»